Dieser Beitrag von Dr. Rudolf Dieterle wurde am 29.05.2024 als Replik auf die Beiträge von Thomas Dähler (20.05.2024) und Paul Stopper (24.05.2024) in der Basler Zeitung erstpubliziert.
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Der Bahnknoten Basel und insbesondere dessen wichtigste Knotenpunkte, die Bahnhöfe Basel SBB und Basel Badischer Bahnhof, haben die Kapazitätsgrenze erreicht. Die genannten beiden Bahnhöfe werden heute für wesentliche Teile des Bahnangebotes als unattraktive Sackbahnhöfe betrieben und sind zudem in Bezug auf ihre betrieblichen Funktionen nicht mehr zukunftsfähig konzipiert.
Ohne Ausbau und tiefgreifende betriebliche Umgestaltungen von Bahnhof Basel SBB und Basel Badischer Bahnhof sind substanzielle Angebotserweiterungen nicht fahrbar. Ein Neubau der Margarethenbrücke ist wohl nötig und wird begrüsst; er bringt aber nur einen relativ bescheidenen Beitrag zur Lösung der Hauptproblempunkte. Die Agglomeration Basel fordert dringendst ein verbessertes S-Bahn-System. Im Vergleich zu anderen Schweizer Städten wie Zürich, Bern und Genf ist das bisherige Basler S-Bahn-System völlig unterentwickelt.
Auf Grund der funktionalen Sackbahnhöfe fehlen wichtige Durchmesserlinien, welche für attraktive Verbindungen und Reisezeiten notwendig sind und die Taktfrequenzen auf wichtigen Verbindungen sind ungenügend. Ohne Herzstück sind diese Verbesserungen nicht machbar; vorab gilt aber auch hier: Die Knotenpunkte Basel SBB und Basel Badischer Bahnhof müssen einer radikalen Fitnesskur unterzogen werden. Während in den Anfängen der Herzstückdebatte die Neubau-/Tunnelstrecke zwischen Basel SBB und Basel Badischer Bahnhof im Vordergrund stand und der Fokus auf die Knotenpunkte noch völlig fehlte, ist mittlerweile nachgewiesen, dass die zentralen Knackpunkte bei diesen beiden grossen Bahnhöfen liegen.
Auch die Angebotserweiterungen bei den nationalen Verkehren, für welche schon seit vielen Jahren ein dritter Juradurchstich gefordert wird, ist ohne Ausbau der beiden grossen Basler Bahnhöfe nicht machbar. Was für das Herzstück gilt, gilt auch für einen weiteren Juradurchstich: Der Fokus auf einzelne Infrastrukturelemente allein führt nicht zum Ziel.
Es ist zwingend, dass für substanzielle Angebotserweiterungen zuerst belastbare betriebliche Konzepte für einen hinreichend grossen Betrachtungsperimeter erstellt werden. Der schnelle Blick nur auf einzelne Infrastrukturelemente - wie zum Beispiel auch für einen weiteren Juradurchstich - führt zu einem Fiasko.
In der Organisation Bahnknoten Basel wurde in den vergangenen Jahren in enger Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Verkehr (BAV), den SBB, der Deutschen Bahn, sowie den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft und den Schweizerischen Rheinhäfen zuerst die Planungsgrundlagen sowohl für den internationalen, nationalen und regionalen Personenverkehr als auch für den Güterverkehr ausgearbeitet. Auf dieser Grundlage wurden die zugehörigen betrieblichen Konzepte für den ganzen Bahnknotenperimeter (Nordwestschweiz und angrenzendes Ausland) ausgearbeitet und zu einem regional breit abgestützten Konsens – auch in Bezug auf die Notwendigkeit von Tiefbahnhöfen Basel SBB und Basel Badischer Bahnhof - geführt. Auf dieser Grundlage ist nun seitens SBB die Vorstudie für den Ausbau des Bahnknotens Basel im engeren Basler Perimeter im Gang.
Für die Nordwestschweizer Kantone ist der Ausbau des S-Bahn-Systems prioritär. Für zukunftsfähige Angebotskonzepte aller Bahnverkehre ist nachweislich auch ein Ausbau der in den vergangenen Jahren vernachlässigten Knotenpunkte zwingend; dies gilt sowohl für das S-Bahn-System mit dem Herzstück als auch für einen weiteren Juradurchstich. Dieser Sachverhalt und nicht das von der Region geforderte Herzstück sind für die mittlerweile bekannten hohen Investitionskosten verantwortlich. Die von der Region Basel angestrebte Realisierungsabfolge mit Priorität betreffend Knotenpunkte Basel und Herzstück schafft auch für einen späteren Juradurchstich optimale Voraussetzungen.
Zürich, Bern, Genf und Lausanne profitieren enorm von den dortigen Investitionen in Ihre Bahn-Knotenpunkte. Sie verfügen damit auch über beste Voraussetzungen für ihre attraktiven S-Bahn-Systeme. In Basel ist der diesbezügliche Nachholbedarf enorm. Die aus der Region Zürich unlängst in diesem Blatt salopp kundgetane Aussage, der Ausbau des Bahnknotens Basel sei zu kostspielig und es wäre besser, in einen Juradurchstich zu investieren, verkennt die unvorteilhafte Ausgangslage in der Region Basel. Von einem kräftigen Ausbau des Bahnknotens Basel und einem verbesserten S-Bahn-Angebot wird übrigens nicht nur die Region Basel profitieren; mit diesen Investitionen wird auch der internationale und nationale Fernverkehr und der ebenso bedeutende Güterverkehr gefördert.
Dr. Rudolf Dieterle
Ehemaliger BS-Koordinator Bahnknoten Basel