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Die Region hat ein Herz für die trinationale S-Bahn

Gastkommentar von Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel, als Replik auf den Beitrag in der bz Basel vom 31. Juli 2023.



Diesen Sommer habe ich in der bz über die angeblich schlechten Aussichten für die trinationale S-Bahn gelesen. Der Autor hat im Wesentlichen argumentiert, dass das Projekt keinen konkreten gesellschaftlichen Mehrwert biete. Diese Meinung teile ich nicht!


Um eine Sache bereits zu Beginn zu klären: Die Behauptung, dass der S-Bahn-Ausbau gemäss «Fünf-Punkte-Plan» der SBB auch ohne das Herzstück funktioniere, ist falsch. Die umfangreichen Planungen und Analysen haben gezeigt, dass erst mit Verbindungen zwischen den Bahnhöfen Basel SBB, Badischer Bahnhof und St. Johann die Kapazitäten der Bahnhöfe effizienter genutzt, die einzelnen Linienäste des S-Bahn-Systems verknüpft und zusätzliche Gebiete direkt erschlossen werden können. Dies schreiben die zuständigen Ingenieure im Schlussbericht zum «Fünf-Punkte-Plan», in dem sie die notwendigen Infrastrukturausbauten für den Bahnknoten Basel festlegen.


Letzte offene Punkte hinsichtlich der genauen Linienführung beim Badischen Bahnhof werden zurzeit von der SBB und der Deutschen Bahn in hohem Tempo mit der Vorstudie «Kapazitätsausbau Knoten Basel» geklärt. Die Ergebnisse werden Ende 2024 vorliegen. Damit sind die Projektarbeiten, die zugegebenermassen etwas spät gestartet sind, im Planungsprozess auf Kurs und das Herzstück auf technischer Ebene bereits fest verankert. Diese Planungsreife ermöglicht es, auch auf politischer Ebene vorwärts-zumachen: Die Handelskammer beider Basel, die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie alle ihre Vertreterinnen und Vertreter in National- und Ständerat haben dies an einer gemeinsamen Medienkonferenz Ende Juni bereits getan. Vereint fordern wir in einer gemeinsamen Resolution, dass der Bund den Tiefbahnhof Basel SBB sowie die Infrastrukturausbauten im Fricktal als erste Etappe des gesamten Herzstücks in seinen nächsten Eisenbahnausbauschritt aufnimmt.


Politisch stehen die Chancen dazu gut. Den Entscheid zur Finanzierung des Bahnprojektes fällt das Bundesparlament in Bern, das sich 2019 bereits mit einem 100 Millionen Projektierungskredit zum Herzstück bekannt hat. Anders als im Artikel behauptet, ist die Zeit für Projekte, wie den Ausbau der trinationalen S-Bahn, aktuell äusserst günstig. Gemäss den Perspektiven BAHN 2050 setzt der Bund zurzeit auf einen Ausbau der Bahninfrastruktur auf «kurzen und mittleren Distanzen», da das grösste Nachfrage- und Verlagerungspotenzial der Bahn in den Agglomerationen, insbesondere in den Grenzregionen liege. Das Herzstück passt hierbei optimal ins Konzept.


Ebenfalls ein gutes Vorzeichen ist die erwähnte Unterstützung aller (!) Bundesparlamentarierinnen und Bundesparlamentarier der beiden Basler Kantone für die trinationale S-Bahn. Der Support ist geografisch sogar noch deutlich breiter aufgestellt, denn auch die Regierungen des Aargaus, von Solothurn und des Juras wie auch der Region Grand Est – wozu auch das Elsass gehört – und Baden-Württembergs forderten bereits 2021 mit einer trinationalen Resolution den Ausbau der grenzüberschreitenden S-Bahn Basel und die Aufnahme des Herzstücks in den nächsten Eisenbahn-Ausbauschritt des Schweizer Bundes. Die regionale Unterstützung dokumentiert zudem die Handelskammer-Initiative «Basel vernetzt», zu der sich eine Vielzahl an Persönlichkeiten, Organisationen, Unternehmen sowie praktisch alle kantonalen Parteien bekennen.


Gleichzeitig geht der konkrete gesellschaftliche Mehrwert deutlich über einen blossen «Dynamisierungsschub» hinaus. Der Ausbau ermöglicht häufige, schnelle und direkte Verbindungen. Die Bevölkerung wird mit der S-Bahn komfortabler und schneller reisen. Den Menschen bleibt künftig mehr Zeit – beispielsweise für Freizeit und Hobbys. Mit dem Ausbau der S-Bahn und der Verlagerung von der Strasse auf die Schiene werden zudem die Verkehrsunfälle gemäss einer Studie deutlich zurückgehen. Auch die Ökobilanz wird positiv beeinflusst: Dank des Herzstücks werden gemäss Ecoplan pro Jahr 26‘000 Tonnen weniger CO₂ ausgestossen werden. Dies entspricht rund 123‘800 Flugreisen von Basel nach Palma de Mallorca. Hier gilt: Je früher die S-Bahn mit Herzstück realisiert wird, desto grösser sind die positiven Effekte auf das Klima.


Eine trinationale S-Bahn mit direkten Verbindungen ohne lästiges Umsteigen quer durch unsere Region verbessert also direkt die städtische und regionale Lebensqualität und entspricht mit ihrem klaren gesellschaftlichen Mehrwert und ihrem Beitrag an eine klimafreundliche Mobilität durchaus dem Zeitgeist.


Aber in einer Sache sind der bz-Journalist und ich gleicher Meinung: Wir haben es in der Region Basel verschlafen, die Planung und Projektierung einer effizienten S-Bahn rechtzeitig aufzugleisen. In den vergangenen Jahren haben uns andere Regionen dabei überholt. Die Planungsprozesse sind anspruchsvoll und zeitraubend.

Das jahrelange Debattieren in unserer Region über das Herzstück macht es zudem nun schwieriger, die Reihen zu schliessen. Es entspricht nicht dem Zeitgeist, sich zusammenzuraufen und leistungsfähige Infrastrukturen für die nächste Generation zu schaffen. Lieber werden Kritik geübt und Studien und Gegenstudien verfasst. Position zu beziehen und für etwas einzustehen, ist nicht gefragt.


Diese gesellschaftliche Entwicklung wird uns jedoch keinen Fortschritt in der Erreichbarkeit unserer Region bringen, den wiederum alle fordern. Umso mehr freut es mich, dass sich nun die Regierungen, die Ständerätinnen und alle Nationalrätinnen und -räte der beiden Basel gemeinsam für eine trinationale S-Bahn mit Herzstück gegenüber Bundesbern einsetzen. Die Chancen, in Bern Gehör und Verständnis zu finden, sind so gut wie noch nie.

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